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Lebensmittelvergiftung in Bagdad – Wenn ein persönlicher Albtraum zur Wirklichkeit wird

Bagdad, Mittwoch, über 40 Grad.

Es war abartig heiß. Die Straßen flirrten, jeder Schritt war eine Anstrengung, und so entschieden Sammy und ich, den Tag in einem kleinen Café zu verbringen – im Schatten, mit Klimaanlage, kalten Getränken, Essen, einem guten Buch und dem Laptop auf dem Tisch. Ein entspannter Tag in der Hitze des Iraks. Wie wenig konnten wir ahnen, wie drastisch dieser Tag für uns enden würde.

Der Abend, an dem alles kippte

Am Abend traf es mich zuerst. Sammy war noch draußen, plauderte locker mit anderen Campern auf dem Platz, als mir plötzlich schlecht wurde – nicht ein bisschen, sondern schlagartig. Ich schaffte es gerade noch hinter eine Palme, bevor mein Körper sich mit aller Gewalt gegen irgendetwas wehrte, das wir zu uns genommen hatten.

Wir zogen uns sofort zurück in unseren Camper. Keine Stunde später ging es auch bei Sammy los – Durchfall, Erbrechen, Schwäche. Innerhalb kürzester Zeit waren wir beide völlig am Ende. Kein einziger Schluck Wasser blieb in uns drin. Wir wussten: Alleine schaffen wir das nicht.

Während ich auf allen Vieren auf dem asphaltierten Parkplatz kniete, völlig entkräftet und gedemütigt mich endlos entleerte, versuchte Sammy über unseren Garmin-Satelliten-Notrufgerät einen Arzt zu organisieren. Keine leichte Sache in dieser Situation – mitten in Bagdad, mitten in der Nacht. Wir brachen also den Notruf mit diesem Gerät ab – keine Chance. 

Der Weg ins Krankenhaus

Gemeinsam telefonierten wir mit Sammys Bruder, der zum Glück Arzt ist, und machten uns schließlich auf den Weg. Ein Taxi musste her. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, einzusteigen – ich weiß nur, dass ich mich die gesamte Fahrt über aus dem Fenster erbrach.

Am Krankenhaus angekommen mussten wir erst einmal Geld zahlen – bar, am Eingang, bevor wir überhaupt weiter durften. Dann zur Notaufnahme, wo ein Arzt uns vier Medikamente auf einen Zettel schrieb. Diese sollten wir in einer Apotheke besorgen. Wir gingen also wieder los, zur Apotheke nebenan, holten die Mittel und kehrten zurück, wo man uns dann endlich an den Tropf hängte – Kochsalzlösung, Medikamente gegen Erbrechen und Durchfall.

Es war 2 Uhr morgens, als der Tropf leer war man uns entließ. Einfach so – raus in die Nacht, noch schwach, noch zitternd. Wir riefen ein weiteres Taxi und suchten ein Hotel in der Nähe, in der Hoffnung, dass sie noch ein Zimmer für zwei völlig fertige Fremde hatten. Sie hatten. Wir hatten Glück.

Zwei Nächte blieben wir dort, erholten uns langsam, schleppten uns durch die Tage. Schlafen, trinken und weiter schlafen. Irgendwann konnten wir dann trockenes Brot und Bananen essen. Wir zogen wieder zurück in unseren Camper. Dort mussten wir erstmal das Chaos beseitigen das wir hinterlassen hatten. 

Mein persönlicher Albtraum – aber ohne Panikattacke

Ich leide seit Jahren an einer Angststörung – insbesondere habe ich panische Angst davor, krank zu werden. Die Vorstellung, hilflos im Ausland in einem Krankenhaus zu landen, verfolgt mich schon lange. Und nun war es genau so passiert. Mein absoluter Albtraum. Und doch: Ich hatte keine Panikattacke.

Natürlich war es schwer. Mein Körper war erschöpft, mein Kopf voller Sorgen. Aber ich blieb ruhig. Ich funktionierte. Ich ließ mich tragen – von Sammy, von der Situation, von der Notwendigkeit, stark zu bleiben. Und ich bin heute, einige Tage später, einfach nur stolz auf mich.

Was ich mitnehme

Diese Erfahrung war grausam. Sie hat mich an meine Grenzen gebracht – körperlich, mental, emotional. Aber sie hat mir auch etwas gegeben, womit ich nicht gerechnet hätte: Vertrauen.

Ich glaube, die arabische Halbinsel – mit allen ihren herzlichen, offenen und guten Menschen – hat mir etwas beigebracht, das ich lange verloren glaubte: Vertrauen in andere. Vertrauen in das Gute. Vertrauen in mich selbst.

Wir hatten verdammt viel Glück im Unglück – auf einem Parkplatz in Bagdad zu sein mit Taxis ohne Ende und eines der besten Krankenhäuser Iraks in nur 15 Minuten Entfernung – ich weis nicht was mit uns passiert wäre, wenn wir woanders gewesen wären.